Auszug aus dem Jubiläumsheft zum 50 jährigen Bestehen der Gemeinde Heilig Geist Lemwerder
Wenn wir in diesen Tagen den 50. Jahrestag der Weihe unserer Kirche begehen, so bezeugen wir damit, dass es einen Grund zum Jubeln gibt. In einer Zeit der Fusion von Gemeinden und der häufig zu großen Kirchenräume, deren wirtschaftlicher Betrieb oft eine Last darstellt, mag das zunächst überraschen. Ein wesentlicher Grund zum Jubeln liegt für uns darin, dass durch den Kirchbau ein katholisches Zentrum in Lemwerder, der Diaspora der Wesermarsch, entstehen konnte, welches uns heute zugutekommt. Im folgenden Rückblick wird deutlich, wie das beispiellose Engagement der Gründungsgeneration die Basis für das heutige Jubiläum der Kirchengemeinde bildet. Das nach der Einweihung die Kirche an vielen Stellen weiter- und fertig gebaut, den aktuellen Anforderungen angepasst werden musste, ist nicht überraschend. So dürfte dies auch für zukünftige Generationen gelten.
Die Zeit des Entstehung der Heilig-Geist Kirche, die mit heute kaum vorstellbaren Anstrengungen verbunden war, wird erst dann verständlich, wenn man sein Augenmerk auf die Not der davor liegenden Zeit richtet.
Beim Bau der Kirche waren bis heute viele Menschen mit Herz und Verstand beteiligt. Es würde den Rahmen dieser Schrift sprengen, einzeln auf ihre Leistungen einzugehen. Hier wird nur der Versuch unternommen, zu berichten was zu Beginn und während der vergangenen fünf Jahrzehnte geschehen ist.
Die Not der Anfänge
Schon vor dem Ende des zweiten Weltkrieges gab es in Lemwerder ca. 300 Katholiken. Die meisten von ihnen waren durch den Aufschwung der Rüstungsindustrie gekommen, um hier nach Jahren der Arbeitslosigkeit in der Werft- oder Flugzeugindustrie endlich einen qualifizierten Arbeitsplatz zu finden. Eine katholische Gemeindebildung wurde jedoch durch die Nationalsozialisten verhindert.
Erst nach dem Zusammenbruch stieg die Zahl der Katholiken in Lemwerder infolge der Ostvertreibung auf ca. 1300 an. Bis Ende der 50iger Jahre lebten viele auf landwirtschaftlichen Höfen oder waren in Baracken untergebracht, die ehemals als Lager für Gefangene und Zwangsarbeiter gedient hatten. Angesichts der unübersehbaren Schwierigkeiten kam es zu einer ökumenischen Aktion mit der evangelischen Kirche, der „Stedinger Volkshilfe“. Ihr Hauptaugenmerk galt der Überwindung der größten leiblichen und seelischen Not.
Noch vor dem Eintreffen der Vertriebenen wurde den Katholiken von den Besatzern ein ehemaliges HJ-Heim als behelfsmäßigen Raum für Zusammenkünfte und Gottesdienste zur Verfügung gestellt. Für die vielen katholischen Vertriebenen war es nach dem Verlust der Heimat besonders schmerzlich, an ihrem neuen Wohnort keine richtige Kirche vorzufinden.
In einem Bericht eines vertriebenen Mädchens aus dieser Zeit heißt es:
Neun Jahre war ich als man mich mit vielen anderen Vertriebenen aus Schlesien in Lemwerder auslud. ... Und dann kam der erste Sonntag. Was wir nach langem Suchen fanden war keine Kirche, sondern ein früheres HJ-Heim. Da rief keine Glocke zum Gottesdienst, und keine Orgel verschönte die Messfeier. Jede Gelegenheit zum Knien fehlte und vier rohgenagelte Latten dienten als Sitzgelegenheit
Mit dem zahlenmäßigen Wachstum der zwischenzeitlich zum Pfarr-Rektorat erhobenen Gemeinde stellten sich unlösbare Platzprobleme ein. Trotz vieler Hl. Messen war der Besuch nur für einen Bruchteil der Gläubigen möglich. Das ehemalige HJ-Heim wurde in den folgenden Jahren mehrfach zu einer Notkapelle erweitert. Sie bot auf Lattengestellen 200 Sitzplätze. 50 weiter Personen konnten im Gang stehen. Obwohl bis zu drei Sonntagsmessen gelesen wurden, mussten sich die Gottesdienst-Besucher im Flur, im hinteren Eingangsbereich oder gar vor der Kapelle einen Platz suchen. Immer wieder kam es vor, dass Gemeindemitglieder nicht zum Gottesdienst kamen, weil sie die extreme Enge in der Kapelle nicht ertrugen.
Diese Situation forderte den Priestern alles ab. Mit dem Motorrad fuhren sie in die Nachbarorte, z.B. zur evangelischen Schifferkirche nach Warfleth oder in die evangelische Schule nach Hekeln, um auch hier die Hl. Messe zu feiern. Die große Zahl der Gläubigen, die den noch keinen Platz landen, und die vielen Heranwachsenden machten deutlich: in dieser Gemeinde muss eine größere Kirche und müssen Gruppenräume für die religiöse Unterweisung der Kinder geschaffen werden.
Schon relativ früh war ein Kirchenbauverein Lemwerder e.V. gegründet worden. Die Beiträge in der Größenordnung von 50 Pfennigen oder einer Mark wurden Monat für Monat von eifrigen Helfern zusammen getragen. Die Baupreise stiegen jedoch schneller als der Zuwachs des Guthabens. Es wurde klar, dass die Gemeinde aus eigenen Mitteln keine Kirche würde bauen können. Ein „Bericht aus Lemwerder“ von Pfarrrektor Witte vom Mai 1955 lässt erkennen, dass das Sparen in Lemwerder mühsam und ohne Hoffnung auf einen baldigen Erfolg geworden war.
Im Oktober des Jahre 1954 stattete der Bischöflich Münstersche Offizial, Prälat Grafenhorst der Gemeinde einen Besuch ab. Anlässlich dieser Begegnung regte er den Bau einer der wachsenden Zahl der Gemeindemitglieder entsprechenden Kirche an. Er schlug vor, 1955 entsprechende Pläne auszuarbeiten und 1956 mit dem Bau zu beginnen.